Markus Reichard
- Warum WildschneeWahrscheinlich hätte ich nie angefangen Snowboards zu bauen, wenn es irgendwo die gegeben hätte, die ich brauche. Nichts gegen Snowboards von der Stange. Die sind super. Auf die breite Masse zugeschnitten, funktionieren sie irgendwie überall, aber nirgendwo richtig gut. Meine Bretter dagegen sind zu 100% auf mich zugeschnitten und arbeiten dort, wo ich sie einsetze besser als alles, was ich sonst unter den Füßen hatte. Auch wenn es schwer ist, mit ihnen über Rails oder Boxen zu rutschen. Aber darauf kann ich verzichten. Schließlich verbringe ich den Großteil meiner Schneetage abseits von Schirmbars und Liftschlangen. Mit dem Tourengehen habe ich begonnen, wie die meisten. Sprich kleine Pistenausflüge, Schneeschuhe und ein viel zu schwerer Rucksack. Aber für die wirklich spannenden Geschichten ist das eben nicht das optimale Setup. So kam eine Erfahrung zur nächsten, während im Hinterkopf immer das Thema dreiteiliges Splitboard herumspukte. Dieses Ding gab es damals schon, nur besorgen konnte es niemand – von einem Test ganz zu schweigen. Also begann ich diverse Boards auseinanderzusägen. Für die Verbinder griff ich auf das Voile Splitkit zurück. Dazu kamen einige Umbauten und wenige Nächte später lag ein durchaus solides Tourenbrett mit akzeptablen Fahreigenschaften auf der Werkbank. Meine ersten Splitboards waren Vierteiler. Einige davon hatten sogar eingesetzte innen liegende Stahlkanten, um die Aufstiegseigenschaften zu verbessern. Keine schlechte Ausbeute für das erste Jahr, aber die Boards entsprachen immer noch nicht dem, was ich eigentlich wollte. Also war es Zeit für den nächsten Schritt. Durch das Zersägen habe ich so viel über den Aufbau verschiedener Bretter gelernt, dass der Komplettbau irgendwann nur noch eine Frage der Zeit war. Der brachte neben dem frei wählbaren Shape gleich noch einen ganzen Sack weiterer Vorteile mit sich: Endlich konnte ich bereits vor dem Zerschneiden sämtliche Inserts und Seitenwangen optimal positionieren, ohne mich später mit aufwändigen Fummeleien herumärgern zu müssen. Innerhalb von 6 Monaten war das Board-Manufakturprojekt umgesetzt. Von der Materialbeschaffung bis zur eigens entwickelten Presse. Seitdem baue ich alle Bretter selbst. Ob Freeride Gun, Splitboard, oder Hardcore Raceboard was immer gerade ansteht, wandert über den Zeichentisch. Gute Kontakte und die richtige Ausbildung haben mir sehr geholfen. Ob ich’s noch mal anfangen würde weiß ich nicht. Die Möglichkeiten zum Fahren sind seltener geworden, der Powder wartet nicht und die Zeit vergeht viel zu schnell.
- Wildschnee goes KommerzJetzt ist es also passiert: Nach den ersten Jahren im Untergrund bzw. Keller als Einzelkämpfer mit einigen größeren und kleineren Misserfolgen sowie mehr positiven als negativen Rückmeldungen habe ich beschlossen, das Wildschnee-Konzept weiter auszubauen. Der erste Schritt: die aktuelle Homepage, die vor allem eine Infoplattform für Snowboardtourengeher sein soll. Mit vielen wichtigen und unwichtigen Tipps rund um unseren Randgruppensport.Wie man an der vorsichtigen Formulierung merkt, ist diese Infosammlung nicht vollständig und sie entwickelt sich ständig weiter. Kommen wir also zum eigentlichen Punkt: Schön langsam häuften sich die Anfragen und irgendwann führt dann für den braven Steuerzahler kein Weg mehr an der gewerblichen Anmeldung vorbei. Das heißt, seit Mai 09 kann ich nun offiziell BC-Equipement verkaufen. Der Businessplan steht auch schon und so werde ich mich in vier Jahren als Milliardär am Starnberger See zur Ruhe setzen. Spätestens. Aber bevor jetzt jemand auf falsche Gedanken kommt: Am Berg bin ich nach wie vor nur zum Spaß und nicht zum Geld verdienen. Denn das artet dann ganz schnell in Arbeit aus und davon habe ich echt mehr als genug. Mir geht’s mehr um den Spaß an der Gaudi und darum, eine gute Zeit zu haben. Wenn du also irgendetwas von mir brauchst, seien es Tipps, Material oder ein paar dumme Sprüche, dann frag einfach danach. Das Allermeiste wird ratzfatz beantwortet.
- Wildschnee UpdateAlles hat seine Zeit: der Winter, die Sternsinger und auch der Spark R&D Warranty Service. Genau den habe ich jetzt nach einigen Jahren wieder abgegeben. Am Anfang war das noch ganz lustig aber irgendwann macht’s einfach keinen Spaß mehr, mich um Probleme zu kümmern, die ich nicht selber verbockt habe. Auch wenn ich viele kreative Leute kennengelernt habe. Zum Beispiel eine Lady, der wegen Materialversagen zwei Powdertage durch die Lappen gingen und die diesen Verlust in harten Dollars beglichen haben wollte. Oder ein anderer Herr, der davon ausging, dass ich ihm seine Ersatzteile auf die Dresdner Hütte bringe. Ganz ehrlich – da wär ich selber nicht drauf gekommen. Ein anderer Klassiker ist der 110 kg Mann, der sich beschwert, dass es ihm bei der Ultraleichtbindung die Grundplatte verbiegt. Und der kann noch nicht mal was dafür, wenn ihm das falsche Modell angedreht wird. Also da kümmer ich mich deutlich lieber um meine Stammkunden. Meiner Meinung nach schauen wir alle ein bisserl zu oft auf den Profit und viel zu selten auf das, was wirklich zählt im Leben. Doch es geht auch anders. Für mich heißt das ab jetzt ganz konkret: ein bisserl weniger Nachtschichten, dafür ein bisserl mehr firstlines. Wir sehen uns. Draußen.