Montag Abend, alles ist friedlich. Die Couchkissen befinden sich in der richtigen Position und ich mich auf selbigen. Da klingelt das Telefon. Die Nummer verspricht Kurzweil. Manchmal auch Chaos. Heute ist es etwas dazwischen.
„Du mir geh’n am Freitag a Tour“
„Aha“
„Ja wie schaugt’s aus? Bist am Start? Was von Garmisch aus. Will und Jeff san a dabei. Jetz brauch ma nur noch an Gipfl. Sag mir morgn b’scheid was bei dir geht.“
„Öhh – ja gut, dann bis morgen“
Hmmmm Garmisch, Alpspitze, Stuiben, Wank bzw. Pfuitjöchle oder Grünstein. Das Eck wär schon interessanter. Eck hmmm ja ums Eck vom Grünstein steht doch der Wannig. Reine Frühjahrstour, bis 42 Grad voll nordseitig. Aber ein Hammer Erlebnis.
Ich sag zu, drucke meinen Urlaubsantrag aus, schmeiß die Sachen ins Auto und stelle den Wecker. Zur Sicherheit steck ich noch Karten vom Igelskar und der Pleisspitze ein. Der LLB gibt einen 2er aus und warnt vor Triebschnee im Sektor Nord. Doch die größte Gefahr geht laut Tonband von Erfrierungen aus. Auf 2000 hm hat es -19 Grad.
Pünktlich um 8.30 stehen wir am Parkplatz der Marienbergseilbahn. Allein. Der Gipfel steckt im Nebel und die Temperatur ist weiter gesunken, als das Niveau im Dschungel. Natürlich ist es eine vollkommen bescheuerte Idee, jetzt loszugehen. Doch das hält uns leider nicht ab.
Meine Schuhe binde ich mir im Auto. Dann ziehe ich sechs Schichten übereinander und nuschel ein „Everything’s fine – let’s go“ durch meine Sturmmaske.
Die ersten 600 hm macht der Lift für uns. Das klingt jetzt angenehmer als es ist, denn unser Bewegungsradius im Sessellift ist doch recht eingeschränkt. Und wenn ich irgendwas heute schnell lerne, dann: Was du nicht bewegst, friert ab.
Oben erkennt man den Gipfel mal mehr, mal weniger und insgeheim hoffe ich, dass vielleicht irgendjemand seine Felle vergessen hat. Dann müssten wir das Ganze abbrechen und niemand würde mich für ein Weichei halten. Doch zu meinem Entsetzen klappt alles reibungslos. Zuerst folgen wir einer alten Spur bis zur Karmitte, ab da ist sie zugeweht.
Dank Nebel stehen wir schnell in der kompletten Waschküche, doch das Gelände schließt grobe Verhauer sowieso aus. Kurz bevor es anfängt, steil zu werden, schießt ein Skitouren-Renntner an uns vorbei, mustert den traurigen Haufen Baggy-Träger nur kurz und legt dann eine besonders schneidige Direttissima in den frisch gefallenen Schnee.
Mir soll’s recht sein. Eine Spur zu verbreitern ist weniger Arbeit als eine neue zu legen. Die Rinne ist schließlich eine üble Viecherei doch wir schaffen es, bis auf zehn Meter unter den Ausstieg mit den Brettern am Bein.
Tirol. 34 Grad. Das Fell hält.
Da geht’s nachher runter. Und da vorher rauf.
Mit dem ersten Schritt in die Sonne treten wir aus der Gefriertruhe in den Kühlschrank. Immerhin.
Gipfelsieg.
Mir ist es sehr wichtig zu betonen, dass dieses Foto die Größenverhältnisse nicht exakt wiedergibt. Die Herren links und rechts von mir stehen auf einem höheren Block als ich.
“Yesterday we had a radler. That tasted strange man.”
Nach einem kurzen Snack und einem theoretischen Schnellkurs in bayerischer Kulinarik: Schweinsbraten, Leberkäs, Weißwirschd sind wir klar für die Abfahrt.
Ein einziges Downhill-Bild. Es war einfach zu kalt. Aber 1500 hm meist unverspurtes Gelände mit staubendem Pulverschnee war die Aufstiegsmühen allemal wert. Auch wenn der untere Teil einen kleinen Exkurs in die Botanik beinhaltete.
Auf dem Heimweg muss ich kurz rechts ran fahren. Ich spüre meine Zehen nicht mehr. Nach einer kurzen Joggingrunde ums Auto habe ich die Pedale wieder im Griff. Und so endet meine kälteste Tour mit einem saftigen Schnupfen und mit zwei neuen Tourenpartnern.
See you next year!
Tobi