Gaiskogel 2.2
Was geht, wenn ums Haus rum nix mehr geht? Schnee liegt noch reichlich, aber der liegt halt auch reichlich weit weg. Im Kühtai zum Beispiel. Da waren wir schon mal und das war richtig gut. Die Route ist also bekannt und die Bahn nimmt uns zwei Drittel vom Aufstieg ab. Da gibt’s keine langen Debatten wenn’s um die Zielfindung für eine saftige Apriltour geht.
Früh raus: 5:15 Uhr Vilsbiburg – 6:15 MUC – 9:00 Kassa vom Dreiseenlift. Soweit alles cremig.
In der Schlange vor der Kartenausgabe wird dann erst mal ein wenig meditiert und Schoki gemampft – Zeit war genug, bei einem Schalter und vier Millionen Skifahrern, die’s alle noch mal wissen wollten. Respekt an die Kassenkraft. Aber nach 20 Minuten ist auch das überstanden und wir sitzen im Lift.
Unter uns zieht ein Rentner mit dem guten TLT2 und der Silvretta 404 seine Spur dabei ist er verdammt schnell mit seinem 30 Jahre alten Equipment. Aber als Schreibtischler genießen wir die 7 Minuten entspannte Einsamkeit im 6er Sessel.
Am Haxn haben wir heute kein Split – warum auch? Der Schnee ist pickelhart gefroren, da könnte man vermutlich einfach zu Fuß rauflatschen. Aber ein bisserl Materialtest muss schon sein, drum haben wir die Verts am Bein. (Reimt sich hihi).
In der offiziellen Aufstiegsspur spielen sich schon wilde Szenen ab: Ski ohne Harscheisen sind heute einfach eine schlechte Kombi. Wir lassen das Ballett der Stöckerlschwinger rechts liegen und ziehen lieber direkt durch eine Rinne nach oben.
Wir gehen steil. Und die Verts funktionieren erstaunlich gut. Solang man sie frontal einsetzt, graben sie sich besser in den hart gefrorenen Schnee als wir das je von diesen Plastikdeckeln erwartet hätten. Gut, die Nummer kostet richtig viel Kraft, aber dafür werden die Fotos nice.
Die Verts lassen wir bis zum Gipfelkreuz unter den Bindungen am Fuß, das Bord am Rücken. Solange der Wind nicht bläst, eine vertretbare Kombi mit ordentlich Gipfelstürmerpotenzial.
Am Kreuz sind wir nicht ganz alleine. Der Kollege hyperventiliert ein bisserl weil es noch die Chance auf Unverspurtes gibt – wenn wir uns beeilen. So setzen wir uns ohne großes Aufsehen in Richtung Downhill ab. Dort erst mal ungläubige Ektase. Denn ja, vor uns ist da nach dem letzten Schneefall noch keiner runter!
Jetzt aber Gas. Es ist schon 11 Uhr, die Zeit läuft gegen uns, denn unten müssen wir durch eine steile Wanne und die liegt voll in der Sonne und so wie wir bei der Anfahrt gesehen haben, ist da schon einiges runtergekommen und so eine Lawine wär halt äußerst blöd, weil dann wird’s garantiert nichts mit dem Familykaffee.
Also kein Selfie sondern erstmal zaghaft in den Gipfelhang gestochert. Saugeil – da liegt mehr Powder als erwartet. Die nächsten Turns werden mutiger, größer, schneller. Mundwinkel drückt es gegen die Ohrläppchen.
Bei der Hälfte wechselt der Fahrbahnbelag von Pow zu Sulz. Auch nicht verkehrt, denn der lässt sich wunderbar surfen. Das letzte Stückerl rutschen wir durch den Wald. Der Schatten dort lässt den Schnee nicht ganz so krass durchfeuchten, wie in der Flanke daneben, aber so richtig wohl fühlt sich auf den letzten Metern niemand.
Besonders, als wir die Megalahn neben uns sehen, die wirklich nicht nur Sluff ins Tal befördert hat. Wer da drin steckt, braucht kein Pfeiferl, keinen Airbag und auch keinen anderen Klimbim mehr. Da reicht der Pfarrer.
Anders als beim ersten Mal sind wir dieses Jahr cleverer und fahren bis zur offiziellen Brücke über den Bach. Sprich keine Showeinlage sondern direkt zum Bus. Auch hier haben wir mehr Glück als Verstand: nach 55 Sekunden rollt der gelbe Postbus an und bring uns zurück zum Parkplatz. Hätten wir den verpasst, wären wir unten noch eine Stunde rumgesessen oder im nächsten Hitchhiking-Auto gelandet.
Aber so war‘s wieder eine echte Wildschneetour. Mal sehen wie lang der Winter noch geht.